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Reporter (langer Blick auf den General): General, Sie wissen, daß Sie mit Ihrer Publikation ein heißes Ei gelegt haben?
General: Ich weiß.
Reporter: Politiker werden das nicht fressen.
General: Das weiß ich auch.
Reporter: Sie waren schon bei Guadalcanal dabei?
General: Ja-
Reporter: Und in Korea?
General: Sicher.
Reporter: Und in Vietnam?
General: Sicher.
Reporter: Sie sprechen als Frontoffizier?
General: Als was wohl sonst?
Reporter: Und Sie versprechen sich von den taktischen Atomwaffen nichts ?
General: Sofern nicht einer besonders gläubig ist.
Reporter: Und Sie glauben nicht, daß Ihre Kollegen im Osten das sind?
General: Die sind ungläubig.
Reporter: Schätzen Sie sie damit nicht zu hoch ein?
General: Ich schätze keinen Gegner hoch ein.
Reporter: Ihr Stichwort heißt: Durcheinander.
General (Großaufnahme): Ich sehe das mit den Augen der Fronttruppe.
Reporter: Was sieht denn die Fronttruppe, was weder Sie noch sonst jemand gesehen hat? Es gibt übrigens zur Zeit gar keine Fronttruppe.
General: Abwarten.
Reporter: Wir wiederholen: Wie sieht Ihre gedachte Fronttruppe das Kriegsbild?
General: Mehr oder weniger ...
Reporter: Was sieht sie?
General: Ich hab das schon gesagt.
Reporter: Was haben Sie gesagt?
General (sparsame Geste): Sie sieht ein Durcheinander.
Reporter: Muß man Ihnen die Worte immer einzeln aus der Nase ziehen, Herr General?
General: Passen Sie auf: Das fängt konventionell an. Aber es wird nicht klassisch.
Reporter: Wie ist das zu verstehen?
General: Ich sagte, es fängt konventionell an. . .
Reporter (groß): Die Truppe fährt also in Fahrzeugen aus dem Kasernentor heraus. Ist das so zu verstehen?
General (groß): Richtig. Jetzt bleibt das aber nicht konventionell.
Reporter: Wieso?
General: Die müßten aus den Kasernen 100 km fahren, um in ihre Aufstellungsräume zu gelangen . . .
Reporter: Und Sie glauben, das gibt Durcheinander?
General: Nehmen Sie noch Nieselregen hinzu und nehmen Sie an: Wochenende.
Reporter: Angenommen wird meist, daß nun der Einsatz taktischer Atomwaffen vom Einsatzbefehl des US-Präsidenten abhängt.
General: Das ist eine Annahme.
Reporter: Sie meinen wegen des Durcheinanders?
General: Ja-
Reporter: Sie meinen, daß ein konventioneller, gut gezielter Volltreffer dahin mißverstanden wird, daß der Gegner bereits die Atomschwelle überschreitet?
General: Ich nehme das an.
Reporter: Ihre Lance-Batterien feuern auf die Nachschubwege des Gegners. Was tut Ihre Truppe in diesem Moment?
General: Na, das weiß ich dann bestimmt auch nicht.
Reporter: Wer soll es sonst wissen?
General: Ich wüßte nicht wer.
Reporter (Pause): Ihr Infanterieverband könnte doch die Flanken des Gegners anfallen?
General (groß): Nach meiner ganzen Erfahrung halten die erst mal still. Suchen Orientierung.
Reporter: Und was geschieht dann?
General: Da fragen Sie mich zuviel. Ich sage nur, was nicht stattfindet.
Reporter: Dann wäre das Kriegsbild rasch zu Ende.
General: Das auch wiederum nicht. Es ist vermutlich niemand da, der so etwas beenden könnte.
Reporter (off): Wie sollen wir das verstehen?
General (blickt den Reporter an): Schnell und rasch.
Krieg und Frieden / War and Peace - West Germany 1982 - Directed by: Alexander Kluge, Volker Schlöndorff, Stefan Aust, Axel Engstfeld
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