quinta-feira, 8 de outubro de 2015

Das Naturbild Goethes und die technisch-naturwissenschaftliche Welt von Werner Heisenberg


Das Naturbild Goethes und die technisch-naturwissenschaftliche Welt, dieses Thema ist so alt wie Goethes Bemühungen um ein Verständnis der Natur, wie seine eigene Naturwissenschaft; denn Goethe hat die Anfänge der technisch-naturwissenschaftlichen Welt, die uns heute umgibt, noch selbst miterlebt. Viel ist von ihm, von seinen Zeitgenossen, von Naturforschern und Philosophen nach ihm über diese Problematik gesagt worden. Wir wissen längst, eine wie wichtige Rolle diese Frage in Goethes Leben gespielt hat, und wir wissen auch, was alles an unserer heutigen Welt in Frage gestellt wird, wenn wir unsere technisch-naturwissenschaftlichen Errungenschaften an den Forderungen Goethes messen. Es ist ferner oft darauf hingewiesen worden, wie empfindlich Goethe auf die Kluft zwischen seiner Farbenlehre und der allgemein anerkannten Optik Newtons reagiert hat, wie heftig und unsachlich seine Polemik gegen Newton gelegentlich gewesen ist; und es ist auch bemerkt worden, dass seine Kritik an der Romantik, seine so grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der romantischen Kunst, eine gewisse innere Beziehung zu seiner Polemik gegen die herrschende Naturwissenschaft aufweist. Über all dies ist schon so viel gesagt und geschrieben, die dahinterliegende Problematik ist von vielen Seiten so gründlich beleuchtet worden, dass kaum etwas anderes zu tun bleibt, als die oft ausgesprochenen Gedanken noch etwas weiter zu verfolgen und von einer Kenntnis der heutigen technisch-naturwissenschaftlichen Welt, insbesondere der neuesten Entwicklung der Naturwissenschaft her zu überprüfen. Dies soll also in der Folge versucht werden. Dabei wollen wir uns nicht von vornherein von der pessimistischen Auffassung leiten lassen, wie sie etwa bei Karl Jaspers anklingt, dass Goethe, eben weil er sich vor der heraufkommenden technischen Welt verschloss, weil er die Aufgabe, in dieser neuen Welt den Weg des Menschen zu finden, nicht erkannte, uns heute an dieser Stelle nichts mehr zu sagen habe. Vielmehr wollen wir die goetheschen Forderungen ruhig gelten lassen, sie unserer heutigen Welt gegenüberstellen, gerade weil wir nicht so viel Grund zum Pessimismus zu haben glauben. In den 150 Jahren, die verflossen sind1, seit Goethe hier in Weimar über das Urphänomen der Farbenentstehung nachdachte und dichtete, hat sich die Welt sehr anders entwickelt, als Goethe es sich erhoffte. Aber sie ist doch, das muss den allzu scharfen Kritikern unserer Zeit entgegengehalten werden, von dem Teufel, mit dem Faust das gefährliche Bündnis geschlossen hatte, noch nicht endgültig geholt worden. Sehen wir also die alte Kontroverse noch einmal mit unseren heutigen Augen an.

Für Goethe begannen alle Naturbetrachtungen und alles Naturverständnis mit dem unmittelbaren sinnlichen Eindruck; also nicht mit einer durch Apparaturen ausgefilterten, der Natur gewissermassen abgezwungenen Einzelerscheinung, sondern mit dem unmittelbar unseren Sinnen offenen, freien Naturgeschehen. Greifen wir eine beliebige Stelle aus dem Abschnitt »Physiologische Farben« der Goetheschen Farbenlehre heraus. Der Abstieg vom beschneiten Brocken an einem Winterabend gibt Anlass zu folgender Beobachtung: »Waren den Tag über bei dem gelblichen Ton des Schnees schon leise violette Schatten bemerklich gewesen, so musste man sie nun für hochblau ansprechen, als ein gesteigertes Gelb von den beleuchteten Teilen widerschien. Als aber die Sonne sich endlich ihrem Niedergang näherte und ihre durch die stärkeren Dünste höchstgemässigten Strahlen die ganze mich umgebende Welt mit der schönsten Purpurfarbe überzog, da verwandelte sich die Schattenfarbe in ein Grün, das nach seiner Klarheit einem Meergrün, nach seiner Schönheit einem Smaragdgrün verglichen werden konnte. Die Erscheinung ward immer lebhafter. Man glaubte, sich in einer Feenwelt zu befinden, denn alles hatte sich in die zwei lebhaften und so schön über einstimmenden Farben gekleidet, bis endlich mit dem Sonnenuntergang die Prachterscheinung sich in eine graue Dämmerung und nach und nach in eine mond- und sternhelle Nacht verlor.«

Aber Goethe blieb bei der unmittelbaren Beobachtung nicht stehen. Er wusste sehr wohl, dass erst mit dem Leitfaden eines zunächst nur vermuteten, dann aber im Erfolg zur Gewissheit werdenden Zusammenhangs aus dem unmittelbaren Eindruck auch Erkenntnis werden kann. Ich zitiere eine Stelle aus dem Vorwort zur Farbenlehre: »Denn das blosse Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern. Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, dass wir schon bei jedem aufmerksamen Blick in die Welt theoretisieren. Dieses aber mit Bewusstsein, mit Selbsterkenntnis, mit Freiheit und, um uns eines gewagten Wortes zu bedienen, mit Ironie zu tun und vorzunehmen, eine solche Gewandtheit ist nötig, wenn die Abstraktion, vor der wir uns fürchten, unschädlich und das Erfahrungsresultat, das wir hoffen, recht lebendig und nützlich werden soll.«

»Die Abstraktion, vor der wir uns fürchten.« An dieser Stelle ist nun schon genau bezeichnet, wo Goethes Weg sich von dem der geltenden Naturwissenschaft trennen muss. Goethe weiss, alle Erkenntnis bedarf der Bilder, der Verknüpfung, der sinngebenden Strukturen. Ohne sie wäre Erkenntnis unmöglich. Aber der Weg zu diesen Strukturen führt unweigerlich später in die Abstraktion. Das hatte Goethe schon bei seinen Untersuchungen zur Morphologie der Pflanzen erlebt. In den so verschiedenartigen Gestalten der Pflanzen, die er besonders auf seiner italienischen Reise beobachtete, glaubte er bei eingehenderem Studium immer deutlicher ein zugrundeliegendes, einheitliches Prinzip zu erkennen. Er sprach von der »wesentlichen Form, mit der die Natur gleichsam nur immer spielt und spielend das mannigfaltige Leben hervorbringt«, und von hier gelangt er zur Vorstellung eines Urphänomens, der Urpflanze. »Mit diesem Modell«, sagt Goethe, »und dem Schlüssel dazu, kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und eine innere Wahrheit und Notwendigkeit haben.« Hier steht Goethe an der Grenze der Abstraktion, vor der er sich fürchtete. Goethe hat sich selbst versagt, diese Grenze zu überschreiten. Er hat auch gewarnt und gemeint, die Physiker und die Philosophen sollten es ebenso halten. »Wäre denn auch ein solches Urphänomen gefunden, so bleibt immer noch das Übel, dass man es nicht als solches anerkennen will, dass wir hinter ihm und über ihm noch etwas Weiteres aufsuchen, da wir doch hier die Grenzen des Schauens eingestehen sollten. Der Naturforscher lasse die Urphänomene in ihrer ewigen Ruhe und Herrlichkeit bestehen.« Die Grenze zum Abstrakten soll also nicht überschritten werden. Dort, wo die Grenze des Schauens erreicht ist, soll der Weg nicht fortgesetzt werden, indem man das Schauen durch abstraktes Denken ersetzt. Goethe war überzeugt, dass das Lösen von der sinnlich wirklichen Welt, das Betreten dieses grenzenlosen Bereichs der Abstraktion, zu mehr Schlechtem als Gutem führen müsse.

Aber die Naturwissenschaft war schon seit Newton andere Wege gegangen. Sie hat die Abstraktion von Anfang an nicht gefürchtet, und ihre Erfolge bei der Erklärung des Planetensystems, bei der praktischen Anwendung der Mechanik, bei der Konstruktion optischer Apparate und vielem anderen haben ihr scheinbar recht gegeben, und sie haben schnell dazu geführt, dass die Warnungen Goethes überhört wurden. Diese Naturwissenschaft hat sich als eigentlich von Newtons grossem Werk, den »Philosophiae naturalis principia mathematica«, bis zum heutigen Tage völlig geradlinig und folgerichtig entwickelt. Ihre Auswirkungen in der Technik haben das Bild der Erde umgestaltet.

In dieser landläufigen Naturwissenschaft wird die Abstraktion an zwei etwas verschiedenen Stellen vollzogen. Die Aufgabe lautet ja, in der bunten Vielfalt der Erscheinungen das Einfache zu erkennen. Das Bestreben der Physiker musste also darauf gerichtet sein, aus der verwirrenden Kompliziertheit der Phänomene einfache Vorgänge herauszuschälen. Aber was ist einfach? Seit Galilei und Newton lautet die Antwort: Einfach ist ein Vorgang, dessen gesetzmässiger Ablauf quantitativ, in allen Einzelheiten, mathematisch ohne Schwierigkeiten dargestellt werden kann. Der einfache Vorgang ist also nicht jener, den uns die Natur unmittelbar darbietet; sondern der Physiker muss durch manchmal recht komplizierte Apparate das bunte Gemisch der Phänomene erst trennen, das Wichtige von allem unnötigen Beiwerk reinigen, bis der eine »einfache« Vorgang allein und deutlich hervortritt, so dass man eben von allen Nebenerscheinungen absehen, das heisst, abstrahieren kann. Das ist die eine Form der Abstraktion, und Goethe meint dazu, dass man damit eigentlich schon die Natur selbst vertrieben habe. Er sagt: »Nur begegnen wir der kühnen Behauptung, das sei nun auch noch Natur, wenigstens mit einem stillen Lächeln, einem leisen Kopfschütteln; kommt es doch dem Architekten nicht in den Sinn, seine Paläste für Gebirgslagen und Wälder auszugeben.« Die andere Form der Abstraktion besteht im Gebrauch der Mathematik zu Darstellung der Phänomene. In der Mechanik Newtons hat sich zum erstenmal gezeigt - und das war der Grund für ihren enormen Erfolg -, dass in der mathematischen Beschreibung riesige Erfahrungsbereiche einheitlich zusammengefasst und damit einfach verstanden werden können. Die Fallgesetze Galileis, die Bewegungen des Mondes um die Erde, die der Planeten um die Sonne, die Schwingungen eines Pendels, die Bahn eines geworfenen Steins, alle diese Erscheinungen konnten aus der einen Grundannahme der Newtonschen Mechanik, aus der Gleichung: Masse x Beschleunigung = Kraft, zusammen mit dem Gravitationsgesetz, mathematisch hergeleitet werden. Die abbildende mathematische Gleichung war also der abstrakte Schlüssel zum einheitlichen Verständnis sehr weiter Naturbereiche; und gegen das Vertrauen in die öffnende Kraft dieses Schlüssels hat Goethe vergeblich angekämpft. In einem Brief an Zelter steht: »Und das ist eben das grösste Unheil der neueren Physik, das man die Experimente gleichsam vom Menschen abgesondert hat und bloss in dem, was künstliche Instrumente zeigen, die Natur erkennen, ja was sie leisten kann, dadurch beschränken und beweisen will. Ebenso ist es mit dem Berechnen. Es ist vieles wahr, was sich nicht berechnen lässt, sowie sehr vieles, was sich nicht bis zum entschiedenen Experiment bringen lässt.«

Hat Goethe die ordnende Kraft, die Erkenntnisleistung der naturwissenschaftlichen Methode, Experiment und Mathematik, wirklich nicht erkannt? Hat er den Gegner unterschätzt, gegen den er in der Farbenlehre und an vielen anderen Stellen so unermüdlich gekämpft hat? Oder hat er diese Kraft nicht erkennen wollen, weil für ihn Werte auf dem Spiel standen, die er nicht zu opfern bereit war? Man wird wohl antworten müssen, dass Goethe diesen abstrakten Weg zum einheitlichen Verständnis nicht beschreiten wollte, weil er ihm zu gefährlich schien.

Die Gefahren, vor denen Goethe sich hier fürchtete, hat er wohl nirgends genau bezeichnet. Aber die berühmteste Gestalt aus Goethes Dichtung, sein Faust, lässt uns ahnen, worum es sich handelt. Faust ist neben vielem anderen auch ein enttäuschter Physiker. Er hat sich in seiner Studierstube mit Apparaten umgeben. Doch er sagt: »Ihr Instrumente freilich spottet mein, mit Rad und Kämmen, Walz und Bügel: Ich stand am Tor, ihr solltet Schlüssel sein; zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.« Die geheimnisvollen Zeichen, die er im Buch des Nostradamus aufsucht, sind vielleicht den Chiffren der Mathematik irgendwie verwandt. Und diese ganze Welt der Chiffren und der Instrumente, jener unersättliche Drang nach immer weiterer, immer tieferer, immer abstrakterer Erkenntnis veranlasst ihn, den Verzweifelnden, den Pakt mit dem Teufel zu schliessen. Der Weg, der aus dem natürlichen Leben heraus in die abstrakte Erkenntnis führt, kann also beim Teufel enden. Das war die Gefahr, die Goethes Haltung der naturwissenschaftlichen-technischen Welt gegenüber bestimmte. Goethe spürte die dämonischen Kräfte, die in dieser Entwicklung wirksam werden, und er glaubte ihnen ausweichen zu sollen. Aber, so wird man vielleicht antworten müssen, so leicht kann man dem Teufel nicht ausweichen.

Goethe selbst hat schon früh Kompromisse schliessen müssen. Der wichtigste war wohl die Zustimmung zum kopernikanischen Weltbild, dessen Überzeugungskraft auch er nicht widerstehen konnte. Aber auch hier wusste Goethe, wieviel dabei geopfert werden muss. Ich zitiere wieder aus der Farbenlehre: »Doch unter allen Entdeckungen und Überzeugungen möchte nichts eine grössere Wirkung auf den menschlichen Geist hervorgebracht haben als die Lehre des Kopernikus. Kaum war die Welt als rund anerkannt und in sich selbst abgeschlossen, so sollte sie auf das ungeheure Vorrecht Verzicht tun, der Mittelpunkt des Weltalls zu sein. Vielleicht ist noch nie eine grössere Forderung an die Menschheit geschehen; denn was ging nicht alles durch diese Anerkennung in Dunst und Rauch auf, ein zweites Paradies, eine Welt der Unschuld, Dichtkunst und Frömmigkeit, das Zeugnis der Sinne, die Überzeugung eines poetisch-religiösen Glaubens; kein Wunder, dass man dies alles nicht wollte fahren lassen, dass man sich auf alle Weise einer solchen Lehre entgegensetzte, die denjenigen, der sie annahm, zu einer bisher unbekannten, ja ungeahnten Denkfreiheit und Grossheit der Gesinnung berechtigte und aufforderte.«

Diese Stelle wird man auch allen jenen entgegenhalten müssen, die, um den von Goethe gefürchteten Gefahren zu entgehen, selbst in unserer Zeit versuchen, die Richtigkeit, die Verbindlichkeit der neuzeitlichen Naturwissenschaft in Zweifel zu ziehen. Da wird etwa darauf hingewiesen, dass auch diese Naturwissenschaft ihre Ansichten im Laufe der Zeit ändere oder modifiziere, dass zum Beispiel die Newtonsche Mechanik heute nicht mehr als richtig anerkannt werde und durch die Relativitätstheorie und die Quantentheorie ersetzt worden sei, dass man also allen Grund habe, den Ansprüchen dieser Naturwissenschaft gegenüber skeptisch zu sein. Dieser Einwand beruht aber auf einem Missverständnis, wie man zum Beispiel gerade an der Frage nach der Stellung der Erde im Planetensystem erkennen kann. Es ist zwar richtig, dass die Einsteinsche Relativitätstheorie die Möglichkeit offenlässt, die Erde als ruhend, die Sonne als um die Erde bewegt anzusehen. Aber dadurch ändert sich gar nichts an der entscheidenden Behauptung der Newtonschen Theorie, dass die Sonne mit ihrer starken Gravitationswirkung die Bahn der Planeten bestimme. Dass man also das Planetensystem nur wirklich verstehen könne, wenn man von der Sonne als Mittelpunkt, als Zentrum der Gravitationskräfte ausgeht. Man kann, das sei hier besonders betont, den Ergebnissen der modernen Naturwissenschaft sicher nicht entgehen, wenn man ihre Methodik zugibt; und ihre Methodik lautet: Beobachtung, die zum Experiment verfeinert wird, und rationale Analyse, die in mathematischer Darstellung ihre präzise Gestalt annimmt. Die Richtigkeit der Ergebnisse kann man nicht ernstlich in Zweifel ziehen, wenn man Experiment und rationale Analyse zulässt. Man kann ihr aber vielleicht die Wertfrage entgegenstellen: Ist die so gewonnene Erkenntnis wertvoll?

Wenn man diese Frage zunächst nicht im Goetheschen Sinne zu beantworten sucht, sondern, dem Geist unserer Zeit entsprechend, auch ohne viel Skrupel das Nützlichkeitsargument zulässt, so kann man hier auf die Errungenschaften der modernen Wissenschaft und Technik hinweisen; auf die wirksame Beseitigung mancherlei Mangels, auf die Linderung der Not des Kranken durch die moderne Medizin, auf die Bequemlichkeit des Verkehrs und vieles andere. Sicher hätte Goethe, der ja tätig im Leben stehen wollte, solchen Argumenten viel Verständnis entgegengebracht. Gerade wenn man von der Situation des Menschen in dieser Welt ausgeht, von den Schwierigkeiten, die ihn bedrängen, von den Forderungen, die von anderen an ihn gestellt werden, so wird man die Möglichkeit, hier praktisch und wirksam tätig zu werden, anderen helfen zu können und die Lebensverhältnisse allgemein zu bessern, sehr hoch einschätzen. Man braucht bei Goethe nur grosse Teile der Wanderjahre oder die letzten Abschnitte des Faust nachzulesen, um zu erkennen, wie ernst der Dichter gerade diese Seite unseres Problems genommen hat. Von den verschiedenen Aspekten der technisch-naturwissenschaftlichen Welt war ihm der pragmatische sicher am verständlichsten. Aber Goethe hat auch hier die Furcht nicht loswerden können, dass der Teufel dabei seine Hand im Spiel habe. Im letzten Akt des Faust wird der Erfolg, der Reichtum des tätigen Lebens, mit dem Mord an Philemon und Baucis ins Absurde verkehrt. Aber auch dort, wo die Hand des Teufels nicht so unmittelbar sichtbar wird, bleibt das Geschehen von seiner Wirksamkeit bedroht. Goethe hat erkannt, dass die fortschreitende Umgestaltung der Welt durch die Verbindung von Technik und Naturwissenschaft nicht aufzuhalten war. Er hat es in den Wanderjahren mit Sorge ausgesprochen: »Das überhandnehmende Maschinenwesen quält und ängstigt mich. Es wälzt sich heran wie ein Gewitter, langsam, langsam. Aber es hat seine Richtung genommen, es wird kommen und treffen.« Goethe wusste also, was bevorstand, und er hat sich Gedanken darüber gemacht, wie dieses Geschehen auf das Verhalten der Menschen zurückwirken würde. Im Briefwechsel mit Zelter steht: »Reichtum und Schnelligkeit ist, was die Welt bewundert und wonach jeder strebt. Eisenbahn, Schnellpost, Dampfschiffe und alle möglichen Facilitäten der Kommunikation sind es, worauf die gebildete Welt ausgeht, sich zu überbieten, zu überbilden und dadurch in der Mittelmässigkeit zu verharren. Eigentlich ist es ein Jahrhundert für die fähigen Köpfe, für leicht fassende praktische Menschen, die, mit einer gewissen Gewandtheit ausgestattet, ihre Superiorität über die Menge fühlen, wenn sie gleich selbst nicht zum höchsten begabt sind.« Oder auch in den Wanderjahren: »Es ist jetzt die Zeit der Einseitigkeiten; wohl dem, der es begreift, für sich und andere in diesem Sinne wirkt.« Goethe hat also ein erhebliches Stück Weges vorausschauen können, und er hat das, was bevorstand, mit grösster Sorge betrachtet.

Inzwischen sind wieder fast anderthalb Jahrhunderte vergangen, und wir wissen, wohin dieser Weg bis heute geführt hat. Düsenflugzeuge, elektronische Rechenmaschinen, Mondraketen, Atombomben, das sind etwa die letzten Meilensteine, denen wir am Wegrand begegnet sind. Die von der Newtonschen Naturwissenschaft bestimmte Welt, von der Goethe hoffte, dass er ihr ausweichen könnte, ist also unsere Wirklichkeit geworden, und es hilft uns gar nichts, daran zu denken, dass in ihr auch Fausts Partner seine Hand im Spiele hat. Man muss es hinnehmen, so wie man es zu allen Zeiten hingenommen hat. Dabei sind wir noch lange nicht am Ende dieses Weges angelangt. Wahrscheinlich ist die Zeit nicht mehr fern, in der auch die Biologie in diesen Entwicklungsprozess der Technik voll einbezogen wird2. Dass sich dann die Gefahren vervielfachen, selbst gegenüber der Bedrohung durch die Atomwaffen, ist schon gelegentlich ausgesprochen worden. Am schärfsten vielleicht in jener mitleidlosen Karikatur einer zukünftigen Welt, die Huxley unter dem Titel »Brave new world« , eine »herrliche, neue Welt« , gezeichnet hat. Die Möglichkeit, Menschen für die ihnen zugewiesenen Zwecke zu züchten, das ganze Leben auf der Erde rationell, das heisst durch das Streben nach Zweckmässigkeit zu ordnen und damit allen Sinnes zu entleeren, ist hier mit schauerlicher Konsequenz ad absurdum geführt worden. Aber man braucht gar nicht so weit zu gehen, um zu erkennen, dass Zweckmässigkeit überhaupt kein Wert ist, sondern die Wertfrage nur um eine Stelle verschiebt; nämlich zu der anderen Frage: ist der Zweck wertvoll, dem die betreffenden Erkenntnisse und Möglichkeiten gemäss sind, dem sie dienen sollen?

Die moderne Medizin hat die grossen Seuchen auf der Erde weitgehend ausgerottet. Sie hat das Leben vieler Kranker gerettet, unzähligen Menschen schreckliche Leiden erspart, aber sie hat auch zu jener Bevölkerungsexplosion auf der Erde geführt, die dann, wenn sie nicht in relativ naher Zukunft durch friedliche organisatorische Massnahmen gebremst werden kann, in entsetzlichen Katastrophen enden muss. Wer kann wissen, ob die moderne Medizin ihre Ziele überall richtig setzt?

Die moderne Naturwissenschaft vermittelt Erkenntnisse, deren Richtigkeit im ganzen nicht bezweifelt werden kann; und die aus ihr entspringende Technik gestattet, diese Erkenntnisse zur Verwirklichung auch weitgesteckter Ziele einzusetzen. Aber ob der so erreichte Fortschritt wertvoll sei, wird damit überhaupt nicht entschieden. Das entscheidet sich erst mit den Wertvorstellungen, von denen sich die Menschen beim Setzen der Ziele leiten lassen. Diese Wertvorstellungen aber können nicht aus der Wissenschaft selbst kommen; jedenfalls kommen sie einstweilen nicht daher. Der entscheidende Einwand Goethes gegen die seit Newton angewandte Methodik der Naturwissenschaft richtet sich also wohl gegen das Auseinanderfallen der Begriffe »Richtigkeit« und »Wahrheit« in dieser Methodik. Wahrheit war für Goethe vom Wertbegriff nicht zu trennen. Das »unum, bonum, verum«, das »Eine, Gute, Wahre«, war für ihn wie für die alten Philosophen der einzig mögliche Kompass, nach dem die Menschheit sich beim Suchen ihres Weges durch die Jahrhunderte richten konnte. Eine Wissenschaft aber, die nur noch richtig ist, in der sich die Begriffe »Richtigkeit« und »Wahrheit« getrennt haben, in der also die göttliche Ordnung nicht mehr von selbst die Richtung bestimmt, ist zu sehr gefährdet, sie ist, um wieder an Goethes Faust zu denken, dem Zugriff des Teufels ausgesetzt. Daher wollte Goethe sie nicht akzeptieren. In einer verdunkelten Welt, die vom Licht dieser Mitte, des unum, bonum, verum nicht mehr erhellt wird, sind, wie Erich Heller es in diesem Zusammenhang einmal ausgedrückt hat, die technischen Fortschritte kaum etwas anderes als verzweifelte Versuche, die Hölle zu einem angenehmeren Aufenthaltsraum zu machen. Das muss besonders jenen gegenüber betont werden, die glauben, mit der Verbreitung der technisch-naturwissenschaftlichen Zivilisation auch auf die entlegensten Gebiet der Erde alle wesentlichen Voraussetzungen für ein goldenes Zeitalter schaffen zu können. So leicht kann man dem Teufel nicht entgehen.

Bevor wir untersuchen, ob Richtigkeit und Wahrheit in der modernen Naturwissenschaft wirklich so vollständig getrennt sind, wie es bisher den Anschein hat, müssen wir nun die Gegenfrage stellen: Hat Goethe mit seiner Naturwissenschaft, mit seiner Art, die Natur anzusehen, der in der Nachfolge Newtons entstandenen technisch-naturwissenschaftlichen Welt etwas Wirksames entgegenzusetzen? Wir wissen, trotz der enormen Wirkung, die Goethes Dichtung im 19. Jahrhundert ausgeübt hat, sind seine Gedanken zur Naturwissenschaft nur einem verhältnismässig kleinen Kreis von Menschen bekannt und fruchtbar geworden. Aber vielleicht enthalten sie einen Keim, der sich bei sorgfältiger Pflege entwickeln kann, gerade wenn der etwas naive Fortschrittsglaube des 19. Jahrhunderts einer nüchternen Betrachtung gewichen ist. Man wird hier noch einmal fragen müssen, was denn eigentlich das Charakteristische dieser Goetheschen Naturbetrachtung sei, wodurch sich seine Art, die Natur anzuschauen, von der Newtons und seiner Nachfolger unterschieden habe. An dieser Stelle wird vor allem hervorgehoben, dass Goethes Naturbetrachtung eben vom Menschen ausgehe, dass in ihr der Mensch und sein unmittelbares Naturerlebnis den Mittelpunkt bilde, von dem aus sich die Erscheinungen in eine sinnvolle Ordnung fügen. Eine solche Formulierung ist zwar richtig, und sie macht den grossen Unterschied zwischen der Goetheschen Naturbetrachtung und der Newtonschen besonders deutlich. Aber sie übersieht doch einen ganz wesentlichen Punkt, dass nämlich nach Goethes Überzeugung dem Menschen in der Natur die göttliche Ordnung sichtbar gegenübertritt. Nicht das Naturerlebnis des einzelnen Menschen, sosehr es ihn als jungen Menschen erfüllt hatte, war dem älteren Goethe wichtig, sondern die göttliche Ordnung, die in diesem Erlebnis erkennbar wird. Es ist für Goethe nicht nur dichterische Metapher, wenn etwa in dem Gedicht »Vermächtnis altpersischen Glaubens« der Gläubige durch den Anblick der über dem Gebirge aufgehenden Sonne dazu bewegt wird, »Gott auf seinem Thron zu erkennen, ihn den Herrn des Lebensquells zu nennen, jenes hohen Anblicks wert zu handeln und in seinem Lichte fortzuwandeln.« Diesem Inhalt des Naturerlebnisses muss sich, so glaubt Goethe, auch die wissenschaftliche Methode anpassen, und so ist das Suchen nach dem Urphänomen aufzufassen als das Forschen nach jenen der Erscheinung zugrunde liegenden, von Gott gesetzten Strukturen, die nicht nur mit dem Verstande konstruiert, sondern unmittelbar geschaut, erlebt, empfunden werden können. »Ein Urphänomen«, erklärt Goethe, »ist nicht einem Grundsatz gleichzusetzen, aus dem sich mannigfaltige Folgen ergeben, sondern anzusehen als eine Grunderscheinung, innerhalb derer das Mannigfaltige anzuschauen ist. Schauen, wissen, ahnen, glauben und wie die Fühlhörner alle heissen, mit denen der Mensch ins Universum tastet, müssen denn doch eigentlich zusammenwirken, wenn wir unseren wichtigen, obgleich schweren Beruf erfüllen wollen.« Goethe empfindet sehr deutlich, dass die Grundstrukturen von einer solchen Art sein müssen, dass nicht mehr entschieden werden kann, ob sie der als objektiv gedachten Welt oder der menschlichen Seele zugehören, da sie für beide die Voraussetzung bilden. So hofft er, dass sie auch im »Schauen, Wissen, Ahnen, Glauben« wirksam werden. Aber, so müssen wir fragen, woher wissen wir oder woher weiss Goethe, dass die eigentlichen, die tiefsten Zusammenhänge so unmittelbar sichtbar werden können, dass sie so offen zutage liegen? Mag es nicht sein, dass gerade das, was Goethe als die göttliche Ordnung der Naturerscheinung empfindet, erst in der höheren Abstraktionsstufe in voller Klarheit vor uns steht? Kann an dieser Stelle nicht vielleicht die moderne Naturwissenschaft Antworten geben, die doch allen Goetheschen Wertforderungen standhalten können?

Bevor wir dazu übergehen, solche schwierigen Fragen zu erörtern, muss nun noch ein Wort zu Goethes Ablehnung der Romantik gesagt werden. Goethe hat sich oft in Briefen, Aufsätzen, Gesprächen mit der Romantik, die ja die Kunstrichtung seiner Zeit war, ausführlich auseinandergesetzt. Immer wieder werden die gleichen Vorwürfe erhoben: Subjektivismus, Schwärmerei, ein Ausschweifen ins Extreme, ins Unendliche, krankhafte Sensibilität, Altertümelei, schwächliche Versenkung, schliesslich Gefälligkeit und Unehrlichkeit. Goethes Abneigung gegen das scheinbar Krankhafte in der Romantik, seine Vorahnung der möglichen Fehlentwicklung, war so stark, dass er es nur selten hat über sich gewinnen können, ihre künstlerische Leistung zu sehen oder gar anzuerkennen. Alle Kunst, die sich so wie die Romantik aus der Welt entfernt, die nicht mehr die wirkliche Welt auszusprechen sucht sondern erst ihre Spiegelung in der Seele des Künstlers, schien ihm genauso unbefriedigend wie eine Wissenschaft, die nicht die freie Natur, sondern die durch Apparaturen ausgesonderte, gewissermassen zubereitete Einzelerscheinung zum Gegenstand nimmt. Die Romantik kann wohl, wenigstens zum Teil, aufgefasst werden als die Reaktion auf eine Welt, die sich durch den Rationalismus, Naturwissenschaft und Technik in eine nüchtern praktische Vorbedingung des äusseren Lebens zu verwandeln anschickte, so dass sie für die Persönlichkeit in ihrer Gesamtheit, für ihre Wünsche, ihre Hoffnungen, ihre Schmerzen, keinen rechten Raum mehr bot. Diese Persönlichkeit zog sich daher in ihr Inneres zurück; und die Lösung von der unmittelbar wirklichen Welt, in der unser Tun Folgen hat, denen wir uns stellen müssen, wurde zwar vielleicht als Verlust empfunden; aber, so fürchtete Goethe, sie machte es doch auch leichter, um nicht zu sagen bequemer, nun in eine Welt der Träume zu entfliehen, sich dem Rausch der Leidenschaft hinzugeben, die Verantwortung für sich und andere abzuwerfen und in der unendlichen Weite der Gefühle zu schwelgen. Diesen Schritt von einer Kunst, die die Welt in ihrer unmittelbaren Wirklichkeit zu gestalten sucht, zu einer künstlerischen Darstellung und Übersteigung der Abgründe in der menschlichen Seele konnte Goethe ebenso wenig gutheissen wie den Schritt in die Abstraktion, zu dem sich die Naturwissenschaft genötigt gesehen hatte.

Die Verwandtschaft der Motive für Goethes Ablehnung in beiden Fällen geht wohl noch etwas weiter. Wenn Goethe die Abstraktion in der Naturwissenschaft fürchtete, wenn er vor ihrer Grenzenlosigkeit zurückschreckte, so geschah es, weil er in ihr dämonische Kräfte zu spüren glaubte, deren Bedrohung er sich nicht aussetzen wollte. Er hatte sie in der Gestalt des Mephisto personifiziert. In der Romantik spürte er Kräfte ähnlicher Art wirksam. Wieder die Grenzenlosigkeit, die Ablösung von der wirklichen Welt, von ihren gesunden festen Maßstäben, die Gefahr der Entartung ins Krankhafte. Ferner mag es bei Goethes Haltung eine Rolle gespielt haben, dass ihm jeweils die höchste Kunstform dieser nächsten Stufe relativ fremd war. Die Mathematik, die man hier als Kunstform der Abstraktion bezeichnen mag, hat Goethe nie fesseln oder faszinieren können, obgleich er sie respektiert hat. Von der Musik, die in der deutschen Romantik, wie mir scheint, die höchsten künstlerischen Leistungen hervorgebracht hat, war Goethe wohl nie so ergriffen wie etwa von Dichtung oder Malerei. Was Goethe über die Romantik gedacht hätte, wenn ihn die Sprache, die etwa im C-Dur-Streichquintett von Schubert gesprochen wird, wirklich hätte erreichen können, wissen wir nicht. Aber er hätte wohl spüren müssen, dass die Kräfte, die er fürchtete und die in dieser Musik noch viel stärker wirken, als in fast jedem anderen romantischen Kunstwerk, hier nicht mehr von Mephisto kommen, nicht mehr seine Macht verkünden, sondern aus jener lichten Mitte, aus der Luzifer zwar stammt, die ihn aber verworfen hatte. Es ist also doch nicht so merkwürdig, dass auch hier, in der Beurteilung des Wertes der Romantik, die Folgezeit nicht dem Rat des grössten deutschen Dichters gefolgt ist, dass sich vielmehr die Kunst in hohem Masse den Gegenständen und Aufgaben zugewandt hat, denen sich die Romantik zum ersten Male gewidmet hatte. Die Geschichte der Musik, der Malerei, der Literatur des 19. Jahrhunderts zeigt, wie fruchtbar die Ansätze der Romantik geworden sind. Freilich zeigt diese Geschichte auch, besonders wenn man sie in unser Jahrhundert hinein verfolgt, wie berechtigt die Sorgen und Einwände Goethes gewesen sind, genauso wie im Falle von Naturwissenschaft und Technik. Man wird wohl gewisse oft beklagte Auflösungserscheinungen im Bereich der Kunst - ebenso wie in der Technik etwa die Benutzung von Atomwaffen als die Folge des Verlustes jener Mitte ansehen, um deren Erhaltung Goethe sein ganzes Leben hindurch gerungen hat.

Aber kehren wir zu der Frage zurück, ob die Erkenntnis, die Goethe in seiner Naturwissenschaft gesucht hat, nämlich die Erkenntnis der letzten von ihm als göttlich empfundenen Gestaltungskräfte der Natur, aus der zunächst nur »richtigen« modernen Naturwissenschaft so vollständig verschwunden ist. »Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält, schau alle Wirkungskraft und Samen und tu' nicht mehr in Worten kramen», so hatte die Forderung gelautet. Auf dem Wege dorthin war Goethe in seinen Naturbetrachtungen zum Urphänomen, in seiner Morphologie der Pflanzen zur Urpflanze gekommen. Aber obwohl dieses Urphänomen nicht ein Grundsatz sein soll, aus dem man die verschiedenartigen Phänomene herzuleiten hätte, sondern eine Grunderscheinung, innerhalb deren das Mannigfache anzuschauen ist, so hat doch Schiller in jener ersten berühmten Begegnung in Jena, die im Jahre 1794 die Freundschaft mit Goethe begründete, dem Dichter klargemacht, dass sein Urphänomen eigentlich nicht eine Erscheinung, sondern eine Idee sei; eine Idee im Sinne der Philosophie Platos, wollen wir hinzufügen, und wir würden in unserer Zeit, da das Wort »Idee« eine etwas zu subjektive Färbung erhalten hat, vielleicht eher das Wort »Struktur« als »Idee« an diese stelle setzen. Die Urpflanze ist die Urform, die Grundstruktur, das gestaltende Prinzip der Pflanze, das man freilich nicht nur mit dem Verstand konstruieren, sondern dessen man im Anschauen unmittelbar gewiss werden kann. Der Unterschied, auf den Goethe hier so grossen Wert legt, zwischen dem unmittelbaren Anschauen und der nur rationalen Ableitung entspricht wohl ziemlich genau dem Unterschied der beiden Erkenntnisarten »Episteme« und »Dianoia« in der platonischen Philosophie. Episteme ist eben dieses unmittelbare Gewisswerden, auf dem man ruhen kann, hinter dem man nichts weiter zu suchen braucht. Dianoia ist das Durchanalysierenkönnen, das Ergebnis des logischen Ableitens. Auch bei Plato wird deutlich, dass nur die erste Art der Erkenntnis, die Episteme, die Verbindung mit dem Eigentlichen, dem Wesentlichen, mit der Welt der Werte vermittelt, während die Dianoia zwar Erkenntnis schafft, aber eben nur wertfreie Erkenntnis. Was Schiller auf dem Heimweg vom gemeinsam gehörten naturwissenschaftlichen Vortrag Goethe zu erklären suchte, war nun freilich nicht platonische, sondern Kantsche Philosophie. Hier hat das Wort »Idee« eine etwas andere, eine etwas mehr subjektive Bedeutung; und jedenfalls ist die Idee eben von der Erscheinung scharf geschieden, so dass Schillers Behauptung, die Urpflanze sei eine Idee, Goethe zutiefst beunruhigte. Er antwortete: »Das kann mir sehr lieb sein, dass ich Ideen habe, ohne es zu wissen, und sie sogar mit den Augen sehe.« In der sich anschliessenden Diskussion, in der, wie Goethe berichtete, viel gekämpft wurde, erwidert Schiller: «Wie kann jemals Erfahrung gegeben werden, die einer Idee angemessen sein sollte; denn darin besteht eben das Eigentümliche der letzteren, dass ihr niemals eine Erfahrung kongruieren könne.« Im Lichte der platonischen Philosophie aber handelt es sich bei dieser Diskussion wohl nicht so sehr um einen Streit über das, was eine Idee sei, sondern über das Erkenntnisorgan, mit dem sich uns die Idee erschliesst. Wenn Goethe die Ideen mit den Augen sehen kann, so sind das eben andere Augen als die, von denen heute gewöhnlich die Rede ist. Jedenfalls könnte man die Augen an dieser Stelle nicht durch ein Mikroskop oder eine photographische Platte ersetzen. Aber wie auch immer man in diesem Streit entscheiden mag die Urpflanze ist also eine Idee, und sie bewährt sich als solche, indem man mit ihr, mit dieser Grundstruktur als Schlüssel, wie Goethe sagt, Pflanzen ins Unendliche erfinden kann. Man hat mit ihr also den Bau der Pflanze verstanden; und »verstehen« heisst: auf ein einfaches, einheitliches Prinzip zurückführen.

Wie sieht das nun in der modernen Biologie aus? Auch hier gibt es eine Grundstruktur, die nicht nur die Gestalt aller Pflanzen, sondern aller Lebewesen überhaupt bestimmt. Es ist ein unsichtbar kleines Objekt, ein Fadenmolekül, nämlich die berühmte Doppelkette der Nukleinsäure, deren Struktur vor etwa 15 Jahren von Crick und Watson in den Vereinigten Staaten von Amerika aufgeklärt worden ist und die das ganze Erbgut der betreffenden Lebewesen trägt. Wir können auf Grund zahlreicher Erfahrungen der modernen Biologie nicht mehr daran zweifeln, dass eben von diesem Fadenmolekül die Struktur des Lebewesens bestimmt wird, dass von ihm gewissermassen die ganze Gestaltungskraft ausgeht, die den Bau des Organismus festlegt. Über Einzelheiten kann hier natürlich nicht gesprochen werden. Hinsichtlich der Richtigkeit dieser Aussage gilt, was vorher schon von der Richtigkeit naturwissenschaftlicher Aussagen im allgemeinen gesagt wurde. Die Richtigkeit beruht auf der naturwissenschaftlichen Methodik, Beobachtung und rationaler Analyse. Wenn die Anfangsstadien der Unsicherheit einer speziellen wissenschaftlichen Entwicklung überwunden sind, so beruht die Richtigkeit auf dem Zusammenwirken ausserordentlich vieler Einzeltatsachen, auf einem grossen und komplizierten Gewebe von Erfahrungen, das der Aussage ihre unantastbare Sicherheit gibt.


Kann nun die eben geschilderte Grundstruktur, die Doppelkette der Nukleinsäure der Goetheschen Urpflanze irgendwie verglichen werden? Die unsichtbare Kleinheit dieses Objekts scheint einen solchen Vergleich zunächst auszuschliessen. Aber dass dieses Molekül im Rahmen der Biologie die gleiche Funktion erfüllt, die Goethes Urpflanze in der Botanik erfüllen sollte, wird sich doch schwer bestreiten lassen. Es handelt sich ja in beiden Fällen um das Verständnis der gestaltenden, formgebenden Kräfte in der belebten Natur, um ihre Zurückführung auf etwas Einfaches, allen lebendigen Gestalten Gemeinsames. Das eben leistet das Urgebilde der heutigen Molekularbiologie das noch etwas zu primitiv ist, um schon ein Urlebewesen genannt zu werden. Es besitzt noch keineswegs alle Funktionen eines vollständigen Lebewesens; aber das braucht uns vielleicht nicht daran zu hindern, es doch so oder irgendwie ähnlich zu bezeichnen. Dieses Urgebilde hat auch dies mit der Goetheschen Urpflanze gemeinsam, dass es nicht nur eine Grundstruktur, eine Idee, eine Vorstellung, eine formgebende Kraft, sondern auch ein Objekt, eine Erscheinung ist, wenn es gleich nicht mit unseren gewöhnlich Augen gesehen, sondern nur indirekt erschlossen werden kann. Es kann mit hochauflösenden Mikroskopen und mit dem Mittel der rationalen Analyse erkannt werden, ist also durchaus wirklich und nicht etwa nur ein Gedankengebilde. Insofern genügt es fast allen von Goethe an das Urphänomen gestellten Forderungen. Ob wir es allerdings im Goetheschen Sinne »schauen, fühlen, ahnen« können, in anderen Worten, ob es zum Gegenstand der »Episteme«, der reinen Erkenntnis in der Formulierung Platos werden kann, das mag zweifelhaft scheinen. Normalerweise wird das biologische Urgebilde jedenfalls nicht so gesehen. Man könnte sich nur vorstellen, dass es vielleicht den Entdeckern zum ersten Male so erschienen ist.

Wenn man also nach dem Verhältnis von Richtigkeit und Wahrheit in modernen Naturwissenschaft fragt, so wird man zwar auf ihrer pragmatischen Seite nur die völlige Trennung der beiden Begriffe konstatieren müssen, man wird aber dort, wo es sich, wie einer Biologie, um das Erkennen ganz grosser Zusammenhänge handelt, die in der Natur von Anfang an vorhanden und nicht etwas von Menschen gemacht sind, eine gewisse Annäherung feststellen können. Denn die ganz grossen Zusammenhänge werden in den Grundstrukturen, in den so sich manifestierenden platonischen Ideen sichtbar, und diese Ideen können, da sie von der dahinterliegenden Gesamtordnung Kunde geben, vielleicht auch von anderen Bereichen der menschlichen Psyche als nur von der Ratio aufgenommen werden, von Bereichen, die eben selbst wieder in unmittelbarer Beziehung zu jener Gesamtordnung und damit auch zur Welt der Werte stehen.

Das wird besonders deutlich, wenn man zu den ganz allgemeinen Gesetzmässigkeiten übergeht, die auf die Gebiete Biologie, Chemie, Physik übergreifen und die erst in den letzten Jahrzehnten im Zusammenhang mit der Physik der Elementarteilchen erkennbar geworden sind. Hier handelt es sich also um Grundstrukturen der Natur oder der Welt im ganzen, die noch tiefer liegen als die der Biologie und die deshalb noch abstrakter, noch weniger unseren Sinnen unmittelbar zugänglich sind als jene. Sie sind im gleichen Mass aber auch noch einfacher, da sie nur noch das Allgemeine, gar nicht mehr das Besondere darzustellen haben. Während das Urgebilde der Biologie nicht nur den lebendigen Organismus an sich repräsentieren, sondern - durch die verschiedenen möglichen Anordnungen einiger weniger chemischer Gruppen auf der Kette - auch die unzähligen verschiedenen Organismen unterscheiden muss, brauchen die Grundstrukturen der gesamten Natur nur noch die Existenz eben dieser Natur darzustellen. In der modernen Physik wird dieser Gedanke in folgender Weise verwirklicht: Es wird in mathematischer Sprache ein grundlegendes Naturgesetz formuliert, eine »Weltformel«, wie es gelegentlich genannt wurde, dem alle Naturerscheinungen genügen müssen, das also gewissermassen nur die Möglichkeit, die Existenz der Natur symbolisiert. Die einfachsten Lösungen dieser mathematischen Gleichung repräsentieren die verschiedenen Elementarteilchen, die genau in demselben Sinne Grundformen der Natur sind, wie Plato die regulären Körper der Mathematik, Würfel, Tetraeder usw., als die Grundformen der Natur aufgefasst hat. Auch sie sind, um wieder zu dem Streitgespräch zwischen Schiller und Goethe zurückzukehren, so wie Goethes Urpflanze »Ideen«, auch wenn sie nicht mit gewöhnlichen Augen gesehen werden können. Ob sie im Goetheschen Sinne angeschaut werden können, das hängt wohl einfach davon ab, mit welchen Erkenntnisorganen wir der Natur gegenübertreten. Dass diese Grundstrukturen unmittelbar mit der grossen Ordnung der Welt im ganzen zusammenhängen, kann wohl kaum bestritten werden. Es bleibt aber uns überlassen, ob wir nur den einen engen, rational fassbaren Ausschnitt aus diesem grossen Zusammenhang ergreifen wollen.

Werfen wir noch einmal den Blick zurück auf die historische Entwicklung. In der Naturwissenschaft, wie in der Kunst, ist die Welt seit Goethe den Weg gegangen, vor dem Goethe gewarnt hat, den er für zu gefährlich hielt. Die Kunst hat sich von der unmittelbaren Wirklichkeit ins Innere der menschlichen Seele zurückgezogen, die Naturwissenschaft hat den Schritt in die Abstraktion getan, hat die riesige Weite der modernen Technik gewonnen.

Gleichzeitig sind die Gefahren so bedrohlich geworden, wie Goethe es vorausgesehen hat. Wir denken etwa an die Entseelung, die Entpersönlichung der Arbeit, an das Absurde der modernen Waffen oder an die Flucht in den Wahn, der die Form einer politischen Bewegung angenommen hat. Der Teufel ist ein mächtiger Herr. Aber der lichte Bereich, den Goethe überall durch die Natur hindurch erkennen konnte, ist auch in der modernen Naturwissenschaft sichtbar geworden, dort wo sie von der grossen einheitlichen Ordnung der Welt Kunde gibt. Wir werden von Goethe auch heute noch lernen können, dass wir nicht zugunsten des einen Organs, der rationalen Analyse, alle andern verkümmern lassen dürfen; dass es vielmehr darauf ankommt, mit allen Organen, die uns gegeben sind, die Wirklichkeit zu ergreifen und sich darauf zu verlassen, dass diese Wirklichkeit dann auch das Wesentliche, das »Eine, Gute, Wahre« spiegelt. Hoffen wir, dass dies der Zukunft besser gelingt, als es unserer Zeit, als es meiner Generation gelungen ist.

Quelle: Jahrbuch der Goethe-Gesellschaft: 29ter Band, 1967
Herausgeber: Andreas B. Wachsmuth
Zusammenstellung und Bearbeitung: Theodor Zezza


1 Dieser Text war Vorlage für einen Vortrag, den Werner Heisenberg auf der Hauptversammlung der Goethe-Gesellschaft in Weimar am 21. Mai 1967 gehalten hat.

2 Francis Crick und James Watson haben die DNS 1953 entdeckt.

sábado, 12 de setembro de 2015

In Praise of Urania: About the Cover: Kepler and The Rudolphine Tables by Mikael Ragstedt




Around the year 1600, a rare but most fortunate constellation occurred. Not in the sky this time, but in the city of Prague. It consisted of three men whose destinies by chance crossed there and then. They could not be more different as to their origins, life stories, and careers, as well as to their characters, temperaments, and expectations. But they all played their parts in what would almost thirty years later result in a long-awaited publication, the Tabulae Rudolphinae, or the Rudolphine Tables. The three men were:

Rudolph II, the Holy Roman Emperor and patron whose name is in the
title;
Tycho Brahe, who had performed and collected the best astronomical observations the world ever saw before the telescope;
Johannes Kepler, the author of the book, who out of these observations
managed to put an end to the old obvious truth that planets move uniformly in circles.

The Danish Protestant nobleman Tycho Brahe had been awarded the island of Ven in the strait separating today’s Sweden and Denmark. There he erected a castle together with the best equipped observatories available. He understood that systematically higher precision was necessary to comprehend how the planets moved. After twenty years of recorded observations on an almost industrial scale, the haughty aristocrat fell into political disfavour with the young, rising Danish king and had to abandon his island.

In this period the Holy Roman Emperor resided in Prague. Rudolph II was
senior to all the other Roman Catholic monarchs. He was a patron of the arts and showed an interest towards science, mostly in the form of astrology and alchemy, but he also showed growing symptoms of mental instability. Now Rudolph was in need of a new imperial mathematician. After swallowing his aristocratic feelings, Tycho Brahe accepted the job with a sense of relief and became an employee for the first time.

Tycho had by this time realized that neither he nor his assistants could find co­herence in all the observations he had collected. He thought he had seen something special in the speculative mind of a young Protestant school teacher and district mathematician in Graz by the name of Johannes Kepler. In the Roman Catholic city of Graz, the last Protestants were finally ordered to leave town. Kepler trav­elled to Prague in hopes of a secure position and the most precious thing in his world—Tycho’s observations. After some personal friction and scientific disagree­ment, Tycho decided to introduce the disillusioned Kepler to Emperor Rudolph. At an audience in September 1601 the three men met and Tycho suggested a glorious new project, to be entitled the Rudolphine Tables. Everyone was pleased, and so it happened that the two Protestant scientists were engaged in the Roman Catholic imperial epicenter of Prague. But just a month later Tycho Brahe died unexpect­edly. It was promptly decided that Kepler was to take over Tycho’s position, and his main task was to compile the Tables. He successfully managed to achieve this goal, but the book was not published until 1627. In the meantime Kepler had sev­eral problems and conflicts to manage: fighting with the Brahe heirs who watched over their interests; inventing a new planetary theory and other methods to improve accuracy and facilitate the reading of the Tables; procuring a salary from the impe­rial treasury for his family to survive; dealing with many personal disappointments; carefully maneuvering both in war conflicts and around three successive emperors; and curbing his love for new mathematical speculations.

The Rudolphine Tables were the first set of astronomical tables that allowed one to calculate the position of the planets even in the far future with an accuracy sufficient to make reliable predictions. To be sure, there were earlier tables much re­sorted to by navigators, astronomers, and astrologers, but regardless of what model they were based on, their predictions gave errors of up to five degrees. (For compar­ison, the angular diameter of the moon is around half a degree.) The predictions made from the new Tables, however, proved to be 30 to 50 times more accurate. The astronomical tables themselves did not state any positions at a certain day, but they served as the basis for annual ephemerides which provided calculated daily positions of celestial objects.

This is the only book by Kepler to carry an elaborate frontispiece, and he de­signed it himself (see Figure 1). By taking a tour around the picture, we may see how Kepler pays tribute to his astronomical predecessors. At first sight the impres­sion is that he portrays himself in a very unobtrusive or even submissive way. It is true that he wanted to give prominence to Tycho, and that he was under pressure from the Brahe family to do so. However, after a closer look we will discover that Kepler, with subtle methods, often manages to emphasize his own achievements and hardships. After the title pages of the Tables there is a long hexameter poem by Kepler’s Latinist friend Johannes Hebenstreit. It is a complimentary idyll, steeped in mythology, but does not always follow the frontispiece, to put it mildly.

The frontispiece nicely matches the original French architectural term designat­ing a decorated front of a building. A frontispiece should set the character of the interior of a building or a book, soon to be disclosed to the eyes of the viewer or reader. In a book, it also gave a pleasant contrast to the often long and nested text following the title page.

We stand in front of a classical temple dedicated to the muse of astronomy, Urania. She is seen at the top of the dome rushing forward in a carriage. Carrying a starred crown, she seems to be searching for someone to crown with a laurel wreath. Well, there are some good candidates further down.

There are twelve columns on the high foundation, two of them hidden from our view. This corresponds to a temple shaped as a dodecagon. The twelve sides represent the signs of the Zodiac, some of them visible as sections on the floor.

The increasing solidity and elegance of the columns (proceeding from the back to the front of the temple) describes the development of astronomy from ancient times until Copernicus and Tycho Brahe. Close to the columns, some historic figures are absorbed in work and discussion. At the back, we spot a Chaldean astronomer in a Phrygian cap making observations between rough-hewn log pillars. It is in the Babylonian and Chaldean civilizations that we find many of the earliest traces of Western mathematical astronomy. Their priest-scribes compiled catalogues, recog­nized many cyclic occurrences, and tried to make predictions arithmetically. They observed that the movements of the planets were not uniform. To describe and ex­plain this behaviour became the central theoretical problems for astronomers ever since the Greek era. Kepler also knew well that the sexagesimal number system had its origins in ancient Mesopotamia, and sexagesimal coordinates were some­thing that he made frequent use of in his Tables.

The next two columns are portrayed as fragile piles of stone blocks, but proceed­ing to the brick pillars, we find our first two names. On the right, the name Meton sticks out. Active at the time of Socrates, he was a well-known Athenian geometer and astronomer. He tried to improve the calendar and gave name to the Metonic cycle, which is based on the observation that 19 years are (coincidentally) very close to 235 months counted as the period of the moon’s phases. Many civilizations used this cycle to form lunisolar calendars. On Meton’s column hangs a tribute to them: a disc divided into 19 sections, decorated with sun and moon. In Kepler’s days Gregorian calendar reform was fiercely debated. Although criticized by other Protestants, both Tycho and Kepler stood up for it.

On the left side, it may at first seem odd that Kepler chose the Greek poet Ara- tus as one of the pillars of astronomy. Aratus is mainly known for a long didactic hexameter poem called Phaenomena (“Appearances”). This work, a blockbuster in antiquity, is actually a commissioned verse setting of treatises by Eudoxus, one of the finest Greek mathematicians and astronomers. None of his works have sur­vived, however, and we have to rely on others to get glimpses of his contributions and brilliance. In Aratus’s poem we find the first description of our familiar star constellations. Eudoxus combined a number of nested rotating spheres to repre­sent a planet’s motion around the Earth. With this clever geometric model he could qualitatively account for apparently irregular motions seen in the sky, not only deviation from the ecliptic, but also retrograde motion (where he needed four spheres). The first mathematical model combining the Pythagorean and Platonic ideas of uniform circular motions was born, the starting point of a long tradition.

Nailed to Aratus’s column is an old astronomical instrument, the armillary sphere. The Earth in the middle is surrounded by the equator, the ecliptic, and other great circles of interest. It was widely used as a quick and simplified way to determine celestial positions in various frames of reference. Look at the flag of Portugal and you will see another example honouring a seafaring nation.

While the last two brick columns were associated with the foundations of astron­omy in the Greek-speaking world, the next two represent the culmination.

The armillary sphere can be seen as a skeleton version of the celestial globe dis­played on the neighbouring column of Hipparchus. The smooth surface could show the stars and the constellations (seen from outside), all often designed as a work of art. Being a skilled observer, Hipparchus compiled a famous catalogue around 130 BC with hundreds of star positions, which was not surpassed, in its essence, until Tycho Brahe’s observations. Kepler made the lost catalogue appear again in the picture, where Hipparchus carries in his right hand a book with the Latin title Catalogus stellarum fixarum. In his left hand, we see a document labelled Test. with two affixed seals. The title could be short for Testimonium or Testamentum, a testimony or legacy not only of the influential contributions made by Hipparchus himself, but also of observations and views by his predecessors. These led Hipparchus to the discovery of precession, which we would now describe as a slow change in the orientation of the Earth’s axis of rotation. We should also hon­our him as the founder of trigonometry: the first trigonometric table listed chord length as a function of the central angle.

Around the middle of the second century AD, the most important astronomical book that survived the turmoils of antiquity and its aftermath appeared. With Ptolemy’s Almagest we have for the first time a table and parameters that al­lowed the reader to calculate the heavenly motions. The author also presented a coherent geocentric model of the known universe based on his own and earlier observational data.

Ptolemy, like a true mathematician, is sitting writing on the tablecloth, with his book close at hand, and we see one version of the Greek title, Megale syntaxis. Our current English title, Almagest, goes back to the mixed Arabic name meaning “the greatest”. A small figure can be discerned on the table: a quadrilateral inscribed in a circle. Apparently Ptolemy has just discovered his powerful theorem saying that the product of the two diagonals equals the sum of the products of the opposite sides. With its help he would generate a famous trigonometric chord table from a few basic chord values known since Euclid.

On a stone tablet leaning against the pedestal, there is an illustration of the three mathematical “e”-constructions used by Ptolemy and his forerunners: The planet moved uniformly on a small circle called an epicycle, the center of which revolved along a larger circle. If the Earth was outside the center of this larger circle, its position was called eccentric. The most controversial trick used to account for the variation in a planet’s angular speed was to make the motion along the large circle uniform only when seen from another point, called the equant, different from the center and the Earth. Much of Ptolemy’s impressive, but incorrect, conception of the world was adopted by scholars and the Christian Church, but with the decline of the Hellenistic culture and loss of many of its texts, these ideas fossilized during the early Middle Ages.

The handy flat instrument on Ptolemy’s column is a version of the celebrated astrolabe. It was a versatile predecessor of the simple didactic planisphere, or (why not) an analog smartphone in antiquity and the Middle Ages. Ptolemy used and described the astrolabe, which was basically a plane model of the sky through stereographic projection, with nested revolving plates attached.

Continuing on to the two most elegant columns at the front, there are but a few steps, though it calls for a giant leap in time. Copernicus is sitting close to a Roman Doric column. Right above him hangs an instrument that goes back at least to Ptolemy, but which Copernicus described in his famous book De revolutionibus orbis coelestium, lying in his lap. It was called a triquetrum, a practical design for reading the altitude of objects from the horizon. Further up we find a long cross. Although Copernicus had official positions at the cathedral in Frombork for most of his life, he never became a priest. So we should rather understand the cross as another instrument to measure altitudes and angles, known as a cross-staff or a Jacob’s staff. The simplicity made it popular with navigators.

Copernicus conducted many observations from his Frombork tower, still with quite primitive instruments. But as recorded through the manuscript at the base of the pillar, late in his life he was also presented with a large stock of unpublished planetary observations made by the two fifteenth century Nuremberg astronomers Regiomontanus and Bernhard Walther.

For more than thirty years Copernicus developed his new model with the Earth both rotating around its axis and revolving around a static sun. In 1543, the last year of his life, he was finally persuaded to print the book De revolutionibus. Even though it is clear that he meant to describe the physical reality, there were several reasons why the theory was treated as another convenient hypothesis for mathematicians to work out the planetary motions. This was the tradition for all earlier models, and the church authorities were satisfied as long as it remained so. But even most scientists were not yet convinced. Theoretically, it was not much simpler than the more intuitive geocentric model. Copernicus had still felt the need to employ a system of circles and a few epicycles, as did Ptolemy. And practically, the observations available at this time, which should confirm a correct model, were simply not accurate and systematic enough.

Tycho Brahe had advocated his own model to account for the planetary motions, a kind of compromise between the Ptolemaic and Copernican ideas, known as the Tychonic system. The Earth is still at the center with the sun revolving around it, but the other planets move around the sun. In the picture we can see Tycho pointing at the model adorning the temple ceiling while trying to persuade Copernicus, Quid si sic? (“What about this?”) This question appears less innocently in a popular emblem book from 1611 by Gabriel Rollenhagen (familiar to Kepler). An emblem was a picture accompanied by a short aphoristic text. In this particular one, a dwarf on stilts looks at his mirror image, and the text where he poses the question ends with the morality “art can never improve on the wisdom of nature”.

But the scene in the Tables frontispiece actually went back to Tycho him­self. There are descriptions of the interior of his half-subterranean observatory Stjerneborg on Ven. There in an ornamented, heated, central room, the Tychonic model could be seen from the cupola-ceiling. Much in that room, such as allegorical figures, paintings, and inscriptions, must have inspired Kepler to the frontispiece, even though he never saw the room. Beyond seven paintings of astronomers from antiquity to Tycho himself, a yet unborn, messianic figure called Tychonides was portrayed, with the Latin inscription “that he might be worthy of his great ances­tor”!

In the frontispiece Tycho Brahe is leaning against the most decorated Corinthian column. After complaints from the Brahe family, he is now dressed in his well-known ermine robe with the collar of the Order of the Elephant around his neck (the highest order in Denmark). We see one of his books, the Progymnasmata, which described his planetary theories and contained the new star catalogue. Kepler completed and published the book in 1602 after Tycho’s death.

On the column, we see two instruments which Tycho had developed and im­proved in order to attain better precision and stability. A breakthrough was the Medium-Sized Quadrant from 1580 made of solid brass, just above his head. He also constructed a number of sextants with 60° arcs which were mainly made of wood. They were often light and portable, but later he made them larger and fixed, like the Triangular Sextant from 1582 further up on the column. (It looks rather like a 45° octant here, but we look at it slightly from the side!)

These instruments were used on the isle of Ven, which is prominently displayed in the central panel of the foundation with the castle in the middle. According to Hebenstreit’s poem, the important base meridian used by Tycho and Kepler is shown. The dashed line in the picture, however, is if anything perpendicular to this meridian, since the north is directed towards the right, as the compass rose correctly shows.

In the panel to the left we finally catch sight of Kepler himself. By candlelight, tired and dressed in nightwear, the protagonist looks at us, perhaps asking for pity. The long hours have taken their toll on him. Only a few coins from the Habsburg eagle have reached his table, but he is the proud architect of the temple. On the table lies a replica of the dome, where he displayed his skills as the culmination of the tradition below, as we shall see. On the wall are four titles of his major works and four city coats of arms, representing Bohemia, Prague, Upper Austria, and Linz (where Kepler moved in 1612).

In the adjoining panel, one of Tycho Brahe’s heirs points upwards at Tycho’s observational records and to the right at Kepler. The two panels at the other end refer to the printing of the book (in Ulm). In between them the double-headed Habsburg eagle grants the printing privilege. Below we are told that Georg Coler engraved the frontispiece in Nuremberg.
laws, were wrong, the argument of a sun-centered force had put him on the right track.

As a consequence Kepler also insisted that the Earth in his model should behave just like the other planets. Some traditional Earth-specific features could still be seen in Copernicus’s theory, but Kepler now exploited all aspects of heliocentrism. In this way the assumptions became simple, natural, and uniform, though it turned out that he had to invent new techniques and go through long and complicated calculations in order to truly describe the orbits. The focus was on the planet Mars. Kepler’s “warfare on Mars” engaged him between 1600 and 1605, and the process has been called “the birth of the scientific method”.

In his first attempts he tried to keep a circular orbit for Mars around the sun. To account for the observations, he put the sun a little off center, and on the opposite side he reinserted an equant; i.e., seen from this point Mars moved uniformly. Even though he varied the relative distances of the sun and the equant from the center of the orbit, the model refused to come sufficiently close to Brahe’s trusted observations. If the distances were equal, however, he noted that Mars’ linear velocity seemed to be inversely proportional to its distance from the sun. This distance law was strictly valid only when the planet was furthest from or nearest to the sun, but he hypothesized the rule for the whole orbit. Later he found the correct rule by substituting the linear velocity with its component perpendicular to the radius vector from the sun. From the distance law it was theoretically possible to determine the position of Mars in its orbit at a given time. With no calculus available, but inspired by ideas from Archimedes and Nicholas of Cusa, he first resorted to numerical summation to compute an elliptic integral and then solved the inverse problem by interpolation. The calculations became exceedingly laborious, but he found a shortcut by summing areas instead of distances: the line joining a planet to the sun sweeps out equal areas in equal time. It has become known as the area law or Kepler’s second law. Sector areas in an eccentric circle were known, and the calculations could be simplified. Typical is Kepler’s use of conjectures which, even if not completely accurate, led him forward to new discoveries and relations, from which he could go back and modify the conjectures and their connections. The level of proof was set by Tycho Brahe’s observations and the requirement that all motions should be physically natural.

The next muse, Stathmica (second from right), is meant to illustrate the area law. She holds a steelyard balance. The sun is at the fulcrum and (instead of a fish and some weights) two planets are hanging so that the system is in equilibrium. This is a simplified version of a figure in Book IV of Epitome astronomiae Copernicanae (1621), the full and mature outline of Kepler’s achievements and the basis for the Tables. His idea of how the motion of a planet is balanced under the force from the sun is symbolized in this simple figure. We may also see both the law of the lever and Kepler’s area law as expressing the principle of conservation of angular momentum. Newton later showed the area law to be valid under any central force.

Implicit in Kepler’s models thus far had been the traditional assumption that the Earth moved in an eccentric circular orbit, but uniformly with respect to the center (i.e., no need for a distinct equant). He set as his next task to find out whether this was really true. The determination of a planet’s orbit around the sun required of course a proper description of how the Earth moved. By a famous new method in which he used specific Mars observations from Tycho’s abundant data, Kepler
found that also in the case of the Earth the equant point had to differ (slightly) from the center of the orbit. Now he used this better approximation of the Earth’s orbit, together with the area law, to continue his attack on Mars.

But with its larger eccentricity, the circular orbit model for Mars still refused to agree with Tycho’s observations. It took Kepler two more years to finally arrive at the correct elliptic orbit. It was clear that the circle had to be compressed to an oval of some kind. He first tried with the boundary of an asymmetric two-dimensional egg, since this path could be generated by an (old-style) epicycle. He approximated this oval with an ellipse in order to more simply use his area law; sector areas were explicitly known for ellipses since antiquity. Finally, he found a close fit when he chose a new ellipse halfway between the circle and the approximating ellipse.

He might have stopped here and triumphed. But just as when he abandoned the circle, he still did not understand how an elliptic orbit could be physically motivated. As a fortunate consequence of the further pursuit, he arrived at an explicit construction of the orbit. An opening came when he noticed a striking geometric expression for the distance between the sun and a specific position of Mars. Again he could make a natural generalization of this expression around the whole orbit, representing the distance as a function of the orbital angle he had used before, the so-called eccentric anomaly. This angle was measured at the center along the eccentric auxiliary circle. He was disappointed to find that the orbit (called the via buccosa) did not comply with the observations sufficiently well, and it was not even an ellipse. Struck by a last brilliant idea, Kepler now realized that he could represent the sun-to-Mars direction by another generalization, and still keep the earlier relation between distance and eccentric anomaly. In technical terms he had redefined the relation between the eccentric anomaly and the true anomaly (the angle of the Mars position seen from the sun). And this time the calculated orbit was in accordance with Tycho’s data. He could also prove that the curve was an ellipse with the right eccentricity, and he claimed that, as described, the ellipse had physical grounds. (It was shown much later that also the via buccosa actually fulfilled all of Kepler’s criteria. He seems to have made an incorrect implicit assumption which caused the discrepancy. Perhaps Kepler would have attacked and resolved this problem as well, had he been aware of it! At least one can say that he had taken his theory down to the very limits of Tycho’s observations.)

Kepler was ready in 1605 to publish the new results. In the exceptional book Astronomia nova he included also the setbacks and failures along the road to the ellipse. Conflicts with the Brahe family and financial problems delayed the printing until 1609.

In the right center position on the dome, the muse known as Doctrina triangulorum (the science of triangles), i.e., trigonometry, reminds us of Kepler’s first law, as it was later called: planets move in ellipses with the sun at one focus. In a firm grip she holds the traditional square and compasses. In front of her we see a figure which Kepler used to describe and determine his last ellipse. It is shown dashed inside its auxiliary circle. The sun S is at a focus, and some positions of Mars are designated by F, H, and L along the ellipse. Later in the book, in Chapter 20 of the explanatory notes before the actual tables, Kepler refers to this tiny figure found only in the frontispiece!

Just above, you cannot miss the Habsburg eagle hovering over the dome. Ru­dolph II and the two succeeding emperors here got their due share. The bird of prey generously drops coins from its beak, which we may follow down through the temple.

The fourth muse in the left center position bears the name of Logarithmica. For Kepler it seemed as though the heavens repaid him for his efforts when he heard of Napier’s invention of the logarithms in 1617. He understood at once their importance and how much time and effort would be saved in the computations necessary for his Tables, and he became the first to apply logarithms on a large scale. Napier’s second book, which explained the construction, had not yet appeared, so Kepler began to develop his own theory and logarithmic tables. He derived the independent heavy construction from Euclid’s theory of proportions. Theory and tables were published in two books a few years later. For the convenience of the reader, Kepler cleverly included two logarithmic tables in the Rudolphine Tables as well. Take a look at the halo above Logarithmica’s head where the number 69314.72 shines. We recognize it today as a multiple of the basic loge 2. Actually, Kepler’s first table gives —105 loge x, while the second tabulates —105 loge sin y. So x = 2 and y = 30° give the logarithmic value in the halo. The lengths of the two rods that muse Logarithmica carries are in proportion 1 : 2. In music theory, this ratio corresponds to the basic octave interval. Such harmonies always played a vital role in Kepler’s thoughts.

It is interesting to note that it was when Kepler learned and thought about the new logarithms that he also discovered his so-called third law: for any two planets the squares of their orbital periods are to each other as the cubes of their mean distances from the sun. Kepler’s mind was now open to thinking in terms of geometric sequences.

The last two muses both reflect the fact that Kepler wrote two books which laid the foundation for theoretical optics. You do not hear much about this since he neither invented the telescope (he had bad eyes) nor discovered the exact law of refraction (he only needed a good approximation). Descartes and others later acknowledged Kepler as the master of optics. Early questions regarding eclipses and refraction led Kepler to write the first modern book on optics, Astronomiae pars optica (1604). This was done in the midst of his intense Mars studies. He also came up with novel ideas about conic sections when he treated curved mirrors.

On the far left, the radiating head of the muse Physica lucis et umbrarum (“the physics of light and shadows”) seems to cast a shadow cone behind the sphere in her right hand. The sphere and shadow also bear some resemblance to a comet with a tail. Among the several comets Kepler observed and described during his life, one was sighted in 1607. It was to reappear 75 years later and became known as Halley’s comet.
The muse Optica (second from left) exhibits a telescope of an odd rectangular form. In 1610 Kepler first heard of Galileo’s telescope and what it had revealed about the heavens. Again he had immediately recognized and acknowledged a new revolutionary invention. As with the logarithms he wrote an important treatise, Dioptrice, explaining mathematically how light passed through systems of lenses, especially in Galileo’s magical tube. He went on to design a new type of telescope with a convex lens also for the eyepiece instead of Galileo’s concave one, which allowed for higher magnification.


At the top we see six scientific muses bordering the dome, all at the service of Queen Urania above them. Such allegorical figures were abundant in medieval and Renaissance illustrations, typically personifying the seven liberal arts which formed the educational canon. Kepler here instead invokes a different set of sciences covering important discoveries, inventions, and ideas in his career.

We start at the right side of the dome with the charged figure of Magnetica holding a lodestone and a compass. Already in his first work Kepler had insisted on a physical cause of planetary motion. Earlier it was argued that you could not, or at least should not try to, figure out the physical grounds. Kepler, with his firm belief that all the planets orbited the sun in almost the same plane, thought that such a force must emanate from the sun. And without the unifying theory of gravity and the conception of inertial motion, he turned to magnetism. This was the force in vogue at a time when the Earth had recently been found to act as a giant magnet. The rotation of the sun and the magnetic interaction between sun and planet caused the planet to orbit the sun, Kepler proposed. Even though these physical speculations, and other neo-Platonic ideas based on simplicity of natural found that also in the case of the Earth the equant point had to differ (slightly) from the center of the orbit. Now he used this better approximation of the Earth’s orbit, together with the area law, to continue his attack on Mars.

But with its larger eccentricity, the circular orbit model for Mars still refused to agree with Tycho’s observations. It took Kepler two more years to finally arrive at the correct elliptic orbit. It was clear that the circle had to be compressed to an oval of some kind. He first tried with the boundary of an asymmetric two-dimensional egg, since this path could be generated by an (old-style) epicycle. He approximated this oval with an ellipse in order to more simply use his area law; sector areas were explicitly known for ellipses since antiquity. Finally, he found a close fit when he chose a new ellipse halfway between the circle and the approximating ellipse.

He might have stopped here and triumphed. But just as when he abandoned the circle, he still did not understand how an elliptic orbit could be physically motivated. As a fortunate consequence of the further pursuit, he arrived at an explicit construction of the orbit. An opening came when he noticed a striking geometric expression for the distance between the sun and a specific position of Mars. Again he could make a natural generalization of this expression around the whole orbit, representing the distance as a function of the orbital angle he had used before, the so-called eccentric anomaly. This angle was measured at the center along the eccentric auxiliary circle. He was disappointed to find that the orbit (called the via buccosa) did not comply with the observations sufficiently well, and it was not even an ellipse. Struck by a last brilliant idea, Kepler now realized that he could represent the sun-to-Mars direction by another generalization, and still keep the earlier relation between distance and eccentric anomaly. In technical terms he had redefined the relation between the eccentric anomaly and the true anomaly (the angle of the Mars position seen from the sun). And this time the calculated orbit was in accordance with Tycho’s data. He could also prove that the curve was an ellipse with the right eccentricity, and he claimed that, as described, the ellipse had physical grounds. (It was shown much later that also the via buccosa actually fulfilled all of Kepler’s criteria. He seems to have made an incorrect implicit assumption which caused the discrepancy. Perhaps Kepler would have attacked and resolved this problem as well, had he been aware of it! At least one can say that he had taken his theory down to the very limits of Tycho’s observations.)

Kepler was ready in 1605 to publish the new results. In the exceptional book Astronomia nova he included also the setbacks and failures along the road to the ellipse. Conflicts with the Brahe family and financial problems delayed the printing until 1609.

In the right center position on the dome, the muse known as Doctrina triangu- lorum (the science of triangles), i.e., trigonometry, reminds us of Kepler’s first law, as it was later called: planets move in ellipses with the sun at one focus. In a firm grip she holds the traditional square and compasses. In front of her we see a figure which Kepler used to describe and determine his last ellipse. It is shown dashed inside its auxiliary circle. The sun S is at a focus, and some positions of Mars are designated by F, H, and L along the ellipse. Later in the book, in Chapter 20 of the explanatory notes before the actual tables, Kepler refers to this tiny figure found only in the frontispiece!

Just above, you cannot miss the Habsburg eagle hovering over the dome. Ru­dolph II and the two succeeding emperors here got their due share. The bird of prey generously drops coins from its beak, which we may follow down through the temple.

The fourth muse in the left center position bears the name of Logarithmica. For Kepler it seemed as though the heavens repaid him for his efforts when he heard of Napier’s invention of the logarithms in 1617. He understood at once their importance and how much time and effort would be saved in the computations necessary for his Tables, and he became the first to apply logarithms on a large scale. Napier’s second book, which explained the construction, had not yet appeared, so Kepler began to develop his own theory and logarithmic tables. He derived the independent heavy construction from Euclid’s theory of proportions. Theory and tables were published in two books a few years later. For the convenience of the reader, Kepler cleverly included two logarithmic tables in the Rudolphine Tables as well. Take a look at the halo above Logarithmica’s head where the number 69314.72 shines. We recognize it today as a multiple of the basic loge 2. Actually, Kepler’s first table gives —105 loge x, while the second tabulates —105 loge sin y. So x = 2 and y = 30° give the logarithmic value in the halo. The lengths of the two rods that muse Logarithmica carries are in proportion 1 : 2. In music theory, this ratio corresponds to the basic octave interval. Such harmonies always played a vital role in Kepler’s thoughts.

It is interesting to note that it was when Kepler learned and thought about the new logarithms that he also discovered his so-called third law: for any two planets the squares of their orbital periods are to each other as the cubes of their mean distances from the sun. Kepler’s mind was now open to thinking in terms of geometric sequences.

The last two muses both reflect the fact that Kepler wrote two books which laid the foundation for theoretical optics. You do not hear much about this since he neither invented the telescope (he had bad eyes) nor discovered the exact law of refraction (he only needed a good approximation). Descartes and others later acknowledged Kepler as the master of optics. Early questions regarding eclipses and refraction led Kepler to write the first modern book on optics, Astronomic pars optica (1604). This was done in the midst of his intense Mars studies. He also came up with novel ideas about conic sections when he treated curved mirrors.

On the far left, the radiating head of the muse Physica lucis et umbrarum (“the physics of light and shadows”) seems to cast a shadow cone behind the sphere in her right hand. The sphere and shadow also bear some resemblance to a comet with a tail. Among the several comets Kepler observed and described during his life, one was sighted in 1607. It was to reappear 75 years later and became known as Halley’s comet.

The muse Optica (second from left) exhibits a telescope of an odd rectangular form. In 1610 Kepler first heard of Galileo’s telescope and what it had revealed about the heavens. Again he had immediately recognized and acknowledged a new revolutionary invention. As with the logarithms he wrote an important treatise, Dioptrice, explaining mathematically how light passed through systems of lenses, especially in Galileo’s magical tube. He went on to design a new type of telescope with a convex lens also for the eyepiece instead of Galileo’s concave one, which allowed for higher magnification.

With unflagging enthusiasm Hebenstreit reveals in the poem that behind the dome, out of our sight, there are six more muses personifying other sciences which had engaged Kepler’s thoughts.

When you look at a page in the Rudolphine Tables, give a thought to the math­ematical and astronomical symbols. These special printing types were precious to Kepler. He only had confidence in his own set, which he carried around from city to city in the 1620s when the war came closer.

Shortly before his death in 1629 Johannes Kepler published a little pamphlet where he pointed out that two years later at specified times both of the inner planets, Mercury and Venus, were to pass across the face of the sun. He also described how to observe these events for the first time. The prediction of the Mercury transit in 1631 could be seen in Europe, and it turned out to be correct within a few hours.

More and more people accepted that at last someone had figured out how our planets move in the sense that meaningful predictions could be made. On planet Earth the Thirty Years’ War still raged. In a few years, a young man would be seen sitting under an apple tree, perhaps in the orchard around Kepler’s temple, pondering over how to further embellish the temple and explain its construction. But that was a constellation the Rudolphine Tables could not predict.


FIGURE 1. Clear copy of the cover: Frontispiece designed by Johannes Kepler for the Tabula Rudolphine (the Rudolphine Tables). The Habsburg eagle is flying above the temple, and directly below it is Urania, the muse of astronomy. Arrayed around her above the front columns of the temple are six more muses: Physica lucis (at left), Optica, Logarithmica, Doctrina triangulorum, Stathmica, and Magnetica. Within the temple we see an ancient astronomer (back center), then (from left to right) Hipparchus, Copernicus, Brahe, and Ptolemy. Kepler is modestly positioned on the base of the temple in the second-to-left panel.

 Institut Mittag-Leffler, Aurav¨agen 17, SE-18260 Djursholm, Sweden
 E-mail address: ragstedt@mittag-leffler.se

In: BULLETIN (new series) OF THE
AMERCICAN MATHEMATICAL SOCIETY 
Volume 50, Number 4, October 2013, Pages 629–639
S 0273-0979(2013)01416-2
Article electronically published on June 10, 2013

Under the flag of war: Mapping during 600 years anniversary of the astronomical tower clock situated at Old Town Square in center of Prague.